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samstag, 15. september 2012, 21.30 uhr
eisenwerk frauenfeld

motion trio

janusz wojtarowicz, akkordeon
paweł baranek, akkordeon
marcin gałażyn, akkordeon

Motion Trio"Unser Ziel ist es, Noten aus dem Akkordeon zu ziehen, die vorher noch nie gehört worden sind."

Ohne Hilfsmittel in unerforschte Klanggalaxien vorzudringen, gelingt heutzutage nur noch selten. Trotzdem scheint dieses Vorhaben für die polnischen Musiker eine leichte Übung zu sein.

Von Rock bis Jazz, von Balkan-Chanson bis Minimal Music, von einfach bis kompliziert, von ausgelassen fröhlich bis melancholisch verträumt reicht die Songpalette ihres Debütalbums. "Wenn das Akkordeon noch durch täuschend echte Imitation einen stimmbrüchigen Dudelsack adelt, haben die Krakauer endgültig überzeugt" bilanzierte der «Blue Rhythm»-Journalist Stefan Franzen über "Pictures From The Street."

Janusz Wojtarowicz gründet das Motion Trio 1996 und ist bis heute der musikalische Leiter. 1971 geboren, beginnt Wojtarowicz mit sieben Jahren Klavier und Akkordeon zu spielen, was ihn schließlich an das 'National Music College' und die 'Music Academy' in Krakau führt. Nach erfolgreichem Abschluss seiner Studien arbeitet er als Komponist und Musiker u.a. für das Theater.

Seine Motion Trio-Gefährten sind Marcin Gałażyn und Paweł Baranek. Marcin Gałażyn, 1975 geboren, langt ebenfalls seit seinem siebten Lebensjahr in die Tasten. Auch er absolviert die Krakauer Musikakademie mit Erfolg. Dort tummelt sich auch der 1978 geborene Paweł Baranek. Er beginnt in Alter von neun Jahren Akkordeon und Orgel zu spielen. Nach dem Music College in Tarnow verschlägt es ihn ebenfalls an die Krakauer Musikschmiede.

Ihre Inspiration beziehen die drei Musiker aus "zeitgenössischer Musik, Klassik, Barock, Jazz, Rock, Metal, Techno, House und Disco". Die eigenwillige Verarbeitung dieser Quellen und ihr Anspruch auf "nie gehörte Töne" beschert dem Motion Trio bald einige Aufmerksamkeit. Der Stimmakrobat Bobby McFerrin und der polnische Jazz-Trompeter Tomasz Stanko arbeiten mit ihnen. 2000 gewinnen sie den internationalen Krzysztof Penderecki-Wettbewerb für zeitgenössische Musik. Im selben Jahr erhalten sie von der polnischen Musikpresse die Auszeichnung 'Debüt des Jahres', von der Musikindustrie wird "Pictures From The Street" zur CD des Jahres gewählt.

2004 erscheint "Pictures From The Street.", das vom jungen Label Asphalt Tango veröffentlicht wird, endlich in Resteuropa und erobert auch hier schnell die Ohren und Herzen der Menschen. "Man staunt über die Vielfalt der Klänge und Rhythmen und gleichzeitig über die Schönheit der Melodien" lautet das einhellige Urteil von Presse und Publikum.

Die folgende Tour absolvieren die drei Polen vor ausverkauften Häusern und restlos begeistertem Publikum. Zur Belohnung schafft ihre einzigartige Musik den Sprung über den grossen Teich. Das amerikanische Musikmagazin Global Rhythm ehrt die CD in der Ausgabe vom März 2005 als "Top Ten World Music Title". Auch die Vokal-Ikone Bobby McFerrin wird auf die Akkordeonisten aufmerksam. Am 2. Juli 2005 lädt er das Trio zu einem gemeinsamen Auftritt auf die Bühne des renommierten Jazzfestivals in Montreal.

Im selben Jahr erscheint ihr zweiter Silberling "Play-Station". Die Kompositionen darauf beschäftigen sich nicht mehr mit der slawischen Wehmut, die auf "Pictures From The Street" noch jederzeit präsent war. Dem Anspruch, in unerforschte Klanggalaxien vorzudringen, werden sie mit dem Verzicht auf ihre folkloristischen Wurzeln umso mehr gerecht. Auf "Play-Station" transportieren sie ihre ausgefallenen Ideen in einen urbanen Kunstmusik-Kontext, der eher den Kopf als die Seele berührt.

Mit längst vergessenen "Game Over"-Melodien aus den Anfängen der Computerspiel-Ära, der Metal-Adaption "Tilt" und "Fly", das sich als Ode an das fliegende Insekt gestaltet, beeindrucken die Ziehharmonika-Derwische. Titel wie "UFO", "Tranceaccordion" und "Chinatown" generieren Bilder im Kopf, deren musikalische Umsetzung die Vorstellungen bei weitem übertrifft. Unbeirrbar gehen die Krakauer ihren Weg voller experimenteller Hingabe weiter.

In den letzten Jahren leiteten Janusz Wojtarowicz und das Motion Trio Meisterkurse, u.a. an der Royal Academy of Music, der University of Chicago und dem Nationalen Konservatorium in Paris. Im Januar 2008 wurde das Trio enthusiastisch in der Carnegie Hall von New York gefeiert, wo es Werke von Penderecki, Górecki und Kilar sowie eigene Musik präsentierte. Das Jahr 2008 endete mit einem Konzert im Wiener Konzerthaus. Das Jahr 2009 dagegen war durch die aufregende Zusammenarbeit mit Michael Nyman geprägt. Im April 2009 fand das erste Konzert "Michael Nyman Band und Motion Trio" im Londoner Barbican Centre statt. Die Musiker führten zum ersten Mal unter anderem MGV "Musique a Grand Vitesse" auf, ein Stück, das ursprünglich für die Michael Nyman Band und ein Symphonieorchester geschrieben wurde. Im September 2009 fand in der Baltischen Philharmonie in Gdańsk die Uraufführung des neuen Werks von Micheal Nyman „Beginn“ (für das Motion Trio und die Michael Nyman Band) statt. Ebenfalls im September 2009 nahmen das Motion Trio und Michael Nyman zusammen eine CD auf. Auf ihr sind die bekanntesten Werke des Komponisten in Arrangements von Janusz Wojtarowicz zu hören. Das Jahr 2010 begann die Gruppe mit Konzerten im Rahmen des Festivals La Folle Journee du Nantes. Sie nahm zudem an der japanischen Auflage dieses Festivals ("L'universe do Chopin") in Tokio und an der polnischen Version ("Chopin Open") in Warschau teil, wobei das Trio im Eröffnungskonzert neben solchen Musikern, wie u.a. Boris Berezovsky (Klavier), George Tchitchinadze (Dirigent) und der Sinfonia Varsovia im Großen Theater in Warschau auftrat. Im Oktober desselben Jahres spielte das Ensemble mit Michel Favory bei Comédie-Française - das 1680 von Moliére in Paris gegründete französische Nationaltheater. Im Februar 2011 wurde er mit der Medaille "Honoris Gratia" in Anerkennung für seine Verdienste um die Stadt Kraków und ihre Einwohner ausgezeichnet.

Veröffentlichungen:

"Cry" (1998); "Pictures from the Street" (2000, 2003 Reedition); "Play-station" (2002, 2009 Reedition); "Live in Vienna Sacrum & Profanum" (2004); "METROPOLIS" (2007); "Michael Nyman & Motion Trio" (2009); "CHOPIN" Live at La Folle Journee (2010); "Brahms and Liszt and..." Live at La Folle Journee (2011); "Mussorgsky. Prokofiev. Shostakovich. Khachaturian" (2012)

Ein Konzert-Eindruck:

Furios: Das polnische Motion Trio spielte mit viel Fantasie. Weit weg von dem, was gemeinhin mit dem Akkordeon verbunden wird. Keine Folklore. Kein Tango. Keine Musettes. Stattdessen Klangteppiche, viel Rhythmus, Elemente von Rock, Jazz, Klassik und Minimalmusik. Ihrem Spitznamen "Trio Furioso" machten Janusz Wojtarowicz, Pawel Baranek und Marcin Galazyn am Montagabend in der Everswerft am Niendorfer Hafen alle Ehre. Richtig heissen sie "Motion Trio", spielen seit 14 Jahren zusammen und touren durch die Welt. Das Trio ist grosses Publikum gewohnt, es spielte vor zwei Jahren in der New Yorker Carnegie Hall - und schlug Montagabend 1000 Menschen in den Bann. Das Konzert in der Werfthalle war seit langem ausverkauft. Motion, Bewegung: Klangkaskaden fliessen, rhythmische Bässe schaffen ein Korsett, darüber schweben Melodien. Gelegentlich dreht das Trio zur Improvisation auf, schüttet mit Hilfe der hallreichen Akustik kakophonische Fanfaren in die spröde Industriearchitektur. Doch die meisten Titel sind harmonisch. Meister wie Chopin und Bach liefern die Basis aussergewöhnlicher Arrangements. Kaum etwas erinnert daran, dass es drei Akkordeons sind, die diesen Rausch an Tönen produzieren. Grosse Fantasie lassen die drei Polen, die mit spürbarer Freude ohne Pause eineinhalb Stunden durch spielen, auch bei der Erzeugung rhythmischer Strukturen walten: Das ganze Akkordeon wird zu Bongos, selbst das Klappern der Registerklappen wird verwendet. Es ist nicht die technische Virtuosität, die das Motion Trio zur Avantgarde des Akkordeonspiels macht. Vielmehr ist es eine Homogenität des Zusammenspieles, die höchst komplizierte Arrangements mühelos meistert. Grosse Teile des Publikums applaudierten dem Trio frenetisch. Und die meisten Zuhörer verliessen die Halle bewegt von der Einsicht, dass mit dem Akkordeon moderne, mitreissende Musik gemacht werden kann.

 

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